Viele Jahre ist es jetzt schon her… Den Jahrtausendwechsel verbrachte ich damals in Tokyo gemeinsam mit Freunden.
Fotos im analogen Zeitalter.
Ich habe einige der Bilder wieder hervorgekramt. Bitte entschuldigt die schlechte Qualität – ich hatte damals nur eine recht durchschnittliche, damals schon über 10 Jahre alte Kompaktkamera (natürlich analog – damals gab es nur unbezahlbare Digitalkameras). Es ist schon lustig: Da bin ich zum Millenniumswechsel in einer der aufregendsten Städte der Welt – und ich schieße gerade mal knapp 30 Bilder… jaja, so war das damals, als man nur 36 Fotos auf einem Film unterbringen konnte. Heute, wo 1.000 Bilder und mehr auf einer Speicherkarte für unter 20 Euro passen, wären 30 Bilder schon nach 5 Minuten weg gewesen.
Die Anreise gestaltete sich recht lustig. Am Abend war ich noch zur Feier der Rotarier geladen, bevor ich danach den letzten Flug nach Tokyo nahm. Verabredet war ich mit Christian, Anatol und anderen Deutschen, die zu dieser Zeit in Sendai lebten. Da ich kein Handy hatte, machten wir einen Treffpunkt an einem Bahnhof in Tokyo aus (Ebisu). Japan wäre nicht Japan, wenn man nicht ein Buch kaufen könnte, in dem alle Bahnhöfe (ober- und unterirdisch) in 3D-Sicht dargestellt wären. So konnte ich ziemlich genau sagen, wo wir uns treffen könnten.
Der Flug verlief relativ ereignislos… fast: An Bord lief das normale Fernsehprogramm – und in den Nachrichten unter Anderem eine Live-Schaltung nach Indien, wo gerade eine Flugzeugentführung kurz vor einer Eskalation stand. Und natürlich eine Ansprache des japanischen Premierministers, in der er das Jahr-2000-Problem adressierte: Es ist alles in Ordnung, kein Problem, alles easy – aber es könnte nicht schaden, wenn man für ein paar Tage Lebensmittel und Wasser bunkern würde…
Naja, was denkt man denn da so… ich sitze in einem Flugzeug auf dem Weg zu einer der größten Städte der Welt, lande des Nachts auf einer künstlichen Insel im Meer (sofern die Instrumente noch angesichts des Jahr-2000-Bugs funktionieren), und habe dann ungefähr zwei Stunden Zeit, um vom Flughafen zu einem mir völlig unbekannten Bahnhof in Tokyo zu gelangen, um meine Freunde zu treffen. Schaffe ich es nicht, kenne ich nicht das Hotel, kann niemanden erreichen und muss eben sehen, was ich so mache…
Der erste Teil war kein Problem: Japan ist unglaublich gut organisiert! Locker war ich zur verabredeten Zeit am richtigen Ort. Geplant war es ursprünglich, dass ich dort meine Tasche mit den Klamotten erstmal in ein Schließfach stecke, denn ins Hotel wollten wir erst am frühen Morgen (zuerst wollten wir Silvester feiern!!!). Leider fand einige Tage zuvor ein missglückter Bombenanschlag auf den Shinkansen von Shin-Osaka nach Tokyo statt. Missglückt deshalb, weil der Zeitzünder wohl falsch eingestellt war und die Bombe daher noch bei der Zugreinigung gefunden werden konnte. Japan ist auch unglaublich kompromisslos: Sämtliche Schließfächer waren in Konsequenz verschlossen, alle Mülleimer versigelt. Ich musste meinen Rucksack die ganze Nacht mitschleppen.
Als wir im Park ankamen, reihten wir uns in die Masse der geschätzten 200 – 400.000 Japaner ein. Eigentlich wollten wir um Mitternacht in einem Tempel sein, aber wir kamen nicht ganz pünktlich an. Dafür gab es große Video-Leinwände mit einer Live-Übertragung. Irgendjemand rief dann aus Deutschland auf Anatols Handy an und sagte, dass er „uns“ gerade im Fernsehen gesehen habe – natürlich nur im übertragenen Sinne, da er auf ARD oder ZDF „So feiert die Welt den Jahrtausendwechsel“ gesehen hatte, und Japan war nach Australien so ziemlich das erste Land im neuen Jahrtausend.
Als kurz vor Mitternacht dann die Handys den Dienst versagten (jede Menge panische Japanerinnen!), waren wir ein wenig nervös, ob einfach nur das Netz überlastet war oder ob der Jahr-2000-Fehler tatsächlich gerade im Anmarsch war (und ob nicht-Jahr-2000-gesicherte Atomraketen aus Nordkorea im Anflug waren). Zum Glück war nur das Netz überlastet…
Letztendlich war es ein total schönes, wenn auch anstrengendes und recht schlafloses Silvester.
Viel Spaß bei den Bildern!