Computer begleiten mich schon fast mein gesamtes Leben. Ich gehöre zu der ersten Generation, die mit Computern groß geworden sind. Aber wie hat es eigentlich damit bei mir angefangen?
Ende der 1970er Jahre.
Wahrscheinlich geschah der Einstieg zur Weihnachtszeit: Ich begegnete „Pong“, dem ersten wirklich populären Videospiel. (Oder einem der vielen Klone.) Wenn ich mich richtig erinnere, war das nicht auf einem Atari VCS 2600, sondern auf einem anderen System – den Namen habe ich mir leider nicht gemerkt. Aber eine Begegnung, die mich geprägt hat. Wer damals mit den klobigen Pads zu kämpfen hatte, der stimmt mir vielleicht zu. Auf jeden Fall wurde zum ersten Mal das Videospielfieber geweckt.
Heutzutage nicht vorstellbar, wie so eine simple Idee mit solch einer spartanischen Umsetzung überhaupt irgend jemanden interessieren konnte – aber es war etwas Neues, noch nie zuvor Gesehenes!
Anfang der 1980er Jahre.
Zu dieser Zeit machten wir oft Urlaub in Spanien, an der Costa Brava. Dort gab es Sonne (wichtig!), Meer (noch wichtiger)… und Pac-Man! Spielautomaten standen an den Ein- und Ausgängen von Supermärkten, in Gaststätten und auch sonst überall, wo man etwas Freizeitspaß genießen wollte. Frei zugänglich für Kinder wie mich, denn diese „Zugang ab 18“-Regelung zur Videospielautomaten ist (oder war?) in anderen Ländern kein Thema.
Der Urlaub war somit fast gelaufen, denn immer wieder wanderten 25-Peseten-Münzen in die Automaten, und aus Sonnenbräune wurde somit auch nichts. Dafür beherrschte ich am Ende des Urlaubes solche zeitlosen Klassiker wie Pac-Man, Space Invaders (in Schwarz-Weiß!!!), Scramble, Moon Patrol, Phoenix und Galaga.
Wieder daheim. Weiterzocken. Und der erste Computer.
Ein Videospielsystem musste her, ganz klar! Und da ich noch keine Ahnung von Computern hatte (und mir meine Eltern eh keinen C64 für damals über 2.000 DM gekauft hätten), wurde es zu Weihnachten eben ein Atari VCS 2600 – der einzige Atari in meiner Computerlaufbahn.
Nachdem Jungle Hunt, Decathlon, Pac-Man, Ms. Pac-Man, Jr. Pac-Man etc. ausgedient hatten, schaffte es im Frühjahr 1985 doch noch ein C64 in mein Spielzimmer. Leider ist vom VCS 2600 anscheinend nichts in irgend einer Ecke übrig geblieben. Von meinem C64 zumindest einige handschriftliche Notizen und Sprite-Skizzen – doch dazu in einem anderen Artikel mehr.
Der C64 hatte schon damals eine Floppy, die teurer war als der ganze eigentliche Rechner: 550 DM für den Rechner und 600 DM für das Diskettenlaufwerk. 10 Disketten im 5,25″-Format kosteten 50 DM.
Dafür gingen immerhin 180 KByte drauf – ein Icon auf meinem Desktop verbraucht heute mehr Speicher! Aber wenn man mit dem Locher geschickt umgehen konnte, dann konnte man diese Speicherkapazität sogar verdoppeln!
Was spielte man denn damals?
Na ja, neben Summer Games und Impossible Mission („… another visitor! Stay a while – stay for EVER!“) waren die frühen Klassiker sicher Jumpman und Lode Runner. Gerade mal 60 Blocks (=30KB!!!) groß, aber jede Menge Spaß in jedem einzelnen Byte. Und wer denkt, dass es Spiele zum Film oder einer prominenten Person erst seit den 2000ern gibt, der hat sich getäuscht. Es gab schon früher ein Spiel zur Gruppe „Frankie goes to Hollywood“. Ein gutes übrigens. Und wer ein Exemplar im T64 oder D64-Format hat, das nicht abstürzt – bitte melden!!!
Und da der 64er zu seiner Zeit den Spielhallenautomaten durchaus ebenbürtig war, wurden die Arcade-Hits auch umgesetzt, wie z. B. Ghosts’n’Goblins.
Mitte bis Ende der 1980er – Generation Amiga.
Start als Yello und S.D.I. (1988-1990).
Die Zeit des 64ers ging für mich zu Ende, als ich im Frühsommer 1987 bei meinem Nachbarn einen der kurz zuvor in Deutschland gestarteten Amiga 500 in Aktion sah. Klar, dass dann ein paar Monate später auch so einer bei mir im Wohnzimmer stand – billiger als damals der 64er, dafür aber besser ausgerüstet: 4096 Farben, bis 640×512 Pixel (bei flackernden 25Hz Bildwiederholfrequenz!!!), 512KB RAM und schon damals 3,5″-Disketten mit 880KB! Für die Disketten musste man damals, je nach Marke, zwischen 50 und 120 DM für ein 10er-Pack hinlegen – teuer!
Nur Spielen war dann aber schnell zu langweilig. Außerdem keimte damals gerade die Demoszene auf, und wir – ein paar Freunde und ich – wollten dazu gehören. Also lernten wir, und einer meiner Freunde lernte besonders schnell und gut (letztendlich hat er als „Cosmos“ Teile des „Interference“ Demos von Sanity programmiert). Jetzt mussten wir uns nur noch einen Namen zulegen. Das taten wir auch – und oft! Unser erster Versuch war S.D.I. – „Software Destruction Initiative“. Ein schrecklicher Name! Und außer einer „R-Type Slideshow“ gab’s auch nix, was erwähnenswert gewesen wäre.
Paramount (1990).
Bei S.D.I. war ich nie offizielles Mitglied. Wenn wir heute eine Musikband wären, würde ich als „featuring“ geführt werden. Und da wir alle in einer Gruppe sein wollten, ich den Namen aber nicht mochte, benannten wir uns Anfang 1990 zu „Paramount“ um.
Es gab ein Single-Screen Demo mit allen möglichen Effekten, das wir meines Wissens nach aber nicht „offiziell“ veröffentlichten. Auch dieses Demo dürfte dann nur noch in meiner privaten Diskettensammlung überlebt haben. Es ist schon drollig – damals schenkten wir den Demos schon ein paar Wochen später überhaupt keine Bedeutung mehr, und jetzt, über 30 Jahre später, ist es für mich von sehr hohem persönlichen Wert als Teil meiner Computer-Historie.
Reality (1990-1991).
Kurz danach benannten wir uns wieder um – zu „REALITY.“ Hier brachten wir es immerhin zu einigen Demos, die auch außerhalb unseres Freundeskreises beachtet wurden.
Unser größter Erfolg waren die verbesserte Nachprogrammierungen von SPREADPOINTs „Wooow!“-Demo und ein Demo im Stil von Angels „Copper master“. Auf der AMIGA ’90 in Köln lernten wir dann noch ein paar Jungs aus unserer Nachbarschaft kennen: AXIOM aus Neunkirchen/Saar. Mit denen taten wir uns dann zusammen. (Und einer von ihnen programmierte später als „Microforce“ den Rest des oben erwähnten „Interference“.)
Visdom (1991-1992).
OK, Reality war auch nicht der große Bringer, und wir versuchten es mit VISDOM. Das brachte uns insofern den Durchbruch, da mittlerweile andere Gruppen auf uns aufmerksam wurden – wir besserten uns. Doch auch diese Zeit ging dem Ende entgegen, als uns andere, zu dieser Zeit bekanntere Gruppe anboten, sie zu „joinen“, was wir dann auch taten.
Anfang 1992 trennten sich dann allerdings leider unsere Wege, was ich noch heute persönlich sehr bedauere, aus den unterschiedlichsten Gründen! Etwas, bei dem mein älteres Ich meinem jüngeren Ich gerne etwas mehr Lebenserfahrung mitgegeben hätte…
Coma (1991-1992).
… und fortan gehörte ich zu COMA, die zu dieser Zeit ein erfolgreiches Diskettenmagazin herausbrachten, nämlich McDisk.
Für dieses Magazin konnte ich immerhin Interviews mit Größen wie Factor 5 und den Gründern der Power Play wie z. B. Boris Schneider (mittlerweile für die X-Box Deutschland zuständig [Anm.: Das war zum Zeitpunkt, als ich diesen Beitrag ursprünglich schrieb.]) beisteuern.
Aber Demos coden war dann auch nicht alles, und schon immer wollten wir auch Kohle machen mit unserem Können. Da damals Jump ’n‘ Run – Spiele sehr populär waren, wollten wir uns daran natürlich beteiligen. Wir dachten da an einen Giana Sisters – Clone.
Erste Versuche in der Spielebranche: Cybernetic Arts (1991-1992).
Erste Studien haben die Zeit überdauert – entstanden sind sie ca. 1991. Ich habe sie damals Pixel für Pixel mit DeluxePaint zusammengebaut, in der Hoffnung, dass wir ein mindestens weltberühmtes Spiel herausbrächten, das alle Rekorde bricht. OK, wurde dann doch nix, und die Grafikstudien lagen viele Jahre auf einer Diskette, irgendwo in einem Abstellraum. Und jetzt werden sie doch noch „veröffentlicht“…
… welch eine Ironie, dass diese Grafiken jetzt nur noch auf dem PC existieren, dem Computer, dem ich damals keine Spielequalitäten zugetraut hätte! Die Animation links wurde um 400% vergrößert, damit man überhaupt etwas erkennen kann, so stark hat sich die Auflösung der Bildschirme seitdem geändert.
Netzwerk (1992-1995).
Die Gruppe „Netzwerk“ war ein Hybrid: Unter ihrem Namen veröffentlichten wir Demos (Oktagon, Techno Breeze, Spinal Overdrive), und außerdem veröffentlichten wir auch tatsächlich unser erstes Spiel (mehr dazu unten). Ich selbst steuerte für McDisk einige Interviews bei, die auch von Papiermagazinen wie der Amiga Special lobend erwähnt wurden.
Doch um den Jahreswechsel 1992 änderte sich mein Leben sehr schnell in kurzer Zeit. Die Schulzeit ging 1991 zu Ende, und nach einer letzten langen Phase des unbeschwerten Nichtstuns über den Sommer begannen die Verpflichtungen eines jungen Erwachsenen: Bei mir war es das Studium – eines der Ereignisse im Leben, bei dem Freundschaften und Prioritäten gründlich durchgeschüttelt werden. Und so flaute meine „Szene-Begeisterung“ erstmal schnell und deutlich ab.
Anfang der 1990er – Aufbruch zu Profi-Ufern.
Aber dann lockte wieder der Ruf nach Geld. Doch dieses Mal schien das Vorhaben mit Erfolg gesegnet zu sein. Leicht, zu leicht schien es: Eine Auftragsarbeit für Demonware, Abnahme garantiert. Und so stürzten wir uns wieder wild drauf los. Von einigen von damals existieren sogar noch Fotos aus dieser Zeit.
Und das Spiel wurde sogar wirklich vermarktet: „Cross Check“ kam 1994 auf den Markt im Vertrieb von Sunflowers, einer Tochterfirma von Bomico. Auf dem Amiga hatte es sogar über einige Wochen den Platz 1 inne, in einigen Zeitschriften wurde es besprochen.
Die Kritiken waren gemischt, aber wir waren so stolz, dass wir es tatsächlich geschafft hatten: Ein Vollpreis-Spiel in großer Pappschachtel! Die AmigaPlus hatte es sogar in einer Demo-Version als Beilage zur Zeitschrift.
Was ich ein wenig absurd finde, sind die heutigen Gebrauchtpreise für Amiga-Computerspiele. Sogar unser Spiel wird mittlerweile auf eBay für teilweise deutlich höhere Preise angeboten, als im Geschäft.
Die kalte Dusche.
Und alle lebten reich und glücklich bis ans Lebensende…… Reich und glücklich??? Reich??? – Fast!
Denn leider, leider musste unser Produzent Konkurs anmelden, und es floss leider gar kein Geld in unsere Taschen. Sogar eine Originalversion als Belegexemplar sprang nicht für uns heraus. Das war natürlich, wie man sich denken kann, so gar nicht das, was wir uns erträumt hatten.
Da der Amiga zu der Zeit schon nur noch eine kleine Nischenrolle bei den Verkaufszahlen spielte, ging es zwar nicht um viel Geld, aber es sollte ja unser (erfolgreicher) Einstieg in die Branche werden.
Derart entmutigt, verlief dann auch die zu 90% vollendete PC-Version im Sande, zusammen mit den ersten Testversionen der Super Nintendo Fassung… und auch unser letztes Projekt, ein SciFi-Ballerspiel… auch mal schade, denn der Code war schon weit, inkl. sanftem Scrolling! (Das war zu dieser Zeit auf PCs noch keine Selbstverständlichkeit.)
Damit endet die Geschichte: Viele Anläufe, wenig Erfolg. Aber wir hatten unseren Spaß – und immerhin haben wir es wenigstens probiert und wir waren in einer ganz besonders aufregenden Zeit mit dabei!
Aber was wurde aus den Protagonisten unserer kleinen Geschichte? Sie alle leben jetzt tatsächlich glücklich – hoffentlich bis an ihr Lebensende: Als Informatiker, Zahnarzt, erfolgreicher selbstständiger Geschäftsmann (keine Software ;-))… Also doch eine „Success Story“, nur nicht in der Spielebranche. Dieser haben wir alle, soweit ich das sagen kann, nach dieser Episode den Rücken gekehrt.
Anmerkung: Mittlerweile habe ich – dank eBay – ein Originalexemplar von Cross Check in meinem Besitz. Es war sogar noch originalverpackt, inkl. Folie. Es ist immer noch ein merkwürdiges Gefühl, wenn ich alle paar Jahre mal auf die Verpackung schaue.
Dieser Artikel erschien in einer früheren Fassung zum ersten Mal im Jahr 2002 auf meiner Homepage.
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