Schon zwei Wochen ist es her, dass ich euch Geschichten aus dem Land der aufgehenden Sonne kundgetan habe. Freunde, diesem Missstand möchte ich ein Ende bereiten!
Da wäre zuerst einmal das „Schneefestival“ (雪なつり, yukimatsuri) in Sapporo auf Hokkaido zu erwähnen. Dieses wurde am 7.2. offiziell eröffnet, und als Sehenswürdigkeiten erwarten den Touristen riesige Schneefiguren. Damit meine ich keine Schneemänner, sondern bis zu 10m hohe und 20m lange, äußerst kunstvoll gestaltete Skulpturen. Dieses Jahr soll es knapp 300 Figuren auf einer 11.5km langen Strecke zu bewundern geben. Leider kann ich euch nicht viel mehr darüber berichten, da ich nicht persönlich dort war. Aber Christian war dort, und der hat auch ein paar Fotos geschossen, die er mir demnächst zuschicken wird. Ich habe kurz mit dem Gedanken gespielt, dort hinzufliegen, aber bin dann aus einem ganz simplen Grund hier auf Kyushu geblieben: Dort oben ist es jetzt ganz einfach zu kalt! Ich habe überhaupt keine passenden Klamotten hier! Meine Winterkleider halten gerade mal bis knapp über 0 Grad warm, aber für Umgebungen von -10 Grad oder sogar kälter – brrrrrr!
Das Highlight des 18.2.: Sporttag bei der YMCA. Alle derzeitigen Japanisch-Studenten sind mit ein paar Lehrern rüber zum großen Bowling-Center und haben dann um die YMCA-Trophy gespielt. Insgesamt waren es 13 Teams a 4 Mann (bzw. Frau), was aber nicht so groß auffiel, da das Center hier 38 Bahnen hat… auf einer Etage. Ausgestattet mit allem Pipapo, den man so braucht oder nicht braucht. Vor allem zu erwähnen wären die Videodisplays, die automatisch den Anlauf bzw. das Auftreffen der Kugel auf die Pins zeigen. (Da kann sich Kurt mal ne Scheibe abschneiden!) Zusammen mit Anechitto (Thailand), Tai Ka (China) und Rin Rin (China, unsere Frau im Bunde) war ich im „Chiimu“ („Team“) „E“, und was glaubt ihr wohl, welches Team am Ende siegreich die Halle verließ? Beweisfotos sind vorhanden.
Zusammen mit meinem arabischen Freund Abu Nai habe ich letztes Wochenende eine kleine Rundfahrt unternommen. Besser gesagt, mit Abu Nai als Chauffeur. Und der ist mal wieder gefahren wie der letzte Henker. Typisch Abu Nai… Aber mit Abu Nai zusammen was zu unternehmen, war schon immer etwas gefährlich. Vielleicht werde ich in anderen Updates die eine oder andere „Abu Nai“-Anekdote von mir geben.
Ende Februar kommen die nächsten großen Tests: Dieses Mal geht es auch um knapp 500 Kanji, die sowohl gelesen, als auch geschrieben werden müssen. Doch das ist wirklich noch das kleinste Problem – die Grammatik zieht ganz schön an! Nicht zu vergessen die Hörverstehens-Übungen. In Japan gibt es 4 staatlich geprüfte Tests, die man als Ausländer ablegen kann. Derzeit befinde ich mich zwar noch auf der zweituntersten Stufe, aber bevor ich im Juni nach Hause komme, sollte ich gerade so in der Lage sein, mit ein wenig Glück den Level 2 bestehen zu können. Rein theoretisch natürlich. Praktisch sieht das ein wenig anders aus, denn eine von meinen deutschen Freundinnen hier darf diesen Test im Dezember noch einmal versuchen, und ihr Japanisch ist wirklich um mehrere Klassen besser als meins! Doch wir lassen uns davon doch nicht ins Boxhorn jagen, oder?
Zwischendurch fand dann auch hier in Japan am 14. Februar der Valentinstag statt. Allerdings läuft das hier ein wenig anders ab. Hier sind es die Frauen, die den Männern Geschenke schenken müssen. Mal was Anderes, AU! Warum nicht auch so in Deutschland? Leider, leider hat das aber einen kleinen Haken: Am 14. Maerz ist quasi die Fortsetzung (Return of the Valentine´s Day) – und dann müssen die Männer den Frauen, von denen sie Geschenke erhalten haben, ihrerseits den Frauen etwas schenken.
Eine neue Episode in der niemals enden wollenden Geschichte „Olli geht aus!“ – Dieses Mal: Versteckte Kosten… Wir sind also zu fünft ausgegangen, und unsere japanischen Begleitungen wollten uns mal eine dieser schwer zu findenden aber sehr coolen Bars zeigen. Die Bar war dann in der Tat schwer zu finden, denn an der Tür war kein Schild zu finden, keine Musik zu hören, und überhaupt ging es erstmal über eine recht korrekte Treppe – die der TÜV bei uns nie abgenommen hätte, schon allein wegen der fehlenden Geländer – in den zweiten Stock. (Das erinnert mich irgendwie an das Master´s Home in München, wo man auch erst durch eine dunkle (!), stillgelegte Bäckereistube (!!) in den Keller (!!!) gehen musste, bevor man sich in einer Replik eines englischen Landhauses (!!!!) wiederfand.) OK, angekommen? Die Bar war schon allein deswegen cool, weil man fast nix sehen konnte, da die Beleuchtung eher eine Bedunkelung war. Aber egal. Nur, fragt man sich, wie soll man dann die Karte lesen? Kein Problem – für die wird eben eine kleine Taschenlampe beigelegt. Hat man sich dann für einen der zahlreichen Cocktails oder Whiskeys oder … entschieden, dann fällt einem vielleicht auf, dass in der Bar eine äußerst entspannte Musik gespielt wird. Das Auge des Kenners fällt direkt auf die zwei SL1210-MK2 und den Stapel voller 12″ hinter der Theke – und Du weißt: Diese Bar ist sicher heute Nacht. Sie steht unter dem Schutz des heiligen Vinyl, dem Patron aller DJs. Nachdem dann zu aller Zufriedenheit die Drinks ankamen, stieg die Stimmung auch noch weiter. Und, Stefan („Ja, Herr Vorz`nder?“) – da war was drin! Unter anderem Eisbrocken, die so manchem Schiff auf hoher See Probleme bereitet hätten (und man bedenke: 6/7 befinden sich unter Whiskey Wasser)… zu allem Coolness-Überfluss kam dann später auch noch die Bedienung mit einem leckeren Obstteller und einem Teller leckerem Salat mit den in Japan so gerne gehörten Worten „Saabisu desu!“ (Salopp: „Das geht aufs Haus!“). Klasse! Meine Stammkneipe! Vergesst alles Andere, this is the place to be! Aber, man hört schon, wie sich das dicke Ende die Treppe hinaufquält – der Abschied war ein wenig säuerlich.
„Table Charge“ – Bei uns unbekannt, kann teuer werden 😉
Nämlich, als wir einen Extraposten von knapp 100 DM entdeckten… „Ääääh, was ist denn das da? Wer hat denn das bestellt?“ – „Das ist die Table Charge!“ – „…? Gibts die immer am Wochenende?“ – „Nö, die ist jeden Tag fällig. Arigatou gozai mashita!“ OK, OK – ob ich jetzt einen Martini in der einen Bar für 3000 Yen trinke, oder hier 800 Yen versteckten Eintritt zahlen muss – letztendlich ist es hier eben nicht sooo billig… (bis auf – ich muss es immer wieder sagen – die Sushi)
Kein Strom, keine Heizung, meditieren ab 04:00 Uhr – Drei Gründe, warum ich kein Mönch werde!
Am letzten Freitag war ich mit Ninon und Matthias indisch essen gewesen, und sie hatten noch eine Freundin von ihnen dabei: Eine argentinische Nonne, die derzeit in einem (wie ich glaube) shintoistischen Tempel lebt und derzeit einen Japanischkurs bei der Y belegt hat. Ihr Tempel ist recht asketisch eingerichtet: Kein Strom, keine Heizung. Die erste Meditierphase beginnt morgens um 4 Uhr – schon 3 Gründe, warum das wohl bei mir auf wenig Gegenliebe stoßen würde.
Ach, Leute: Nochmal danke für den Anruf von Rudis Party aus. Ich konnte zwar so gut wie nix verstehen, weil entweder die Hintergrundgeräusche zu laut oder ihr zu besoffen wart, aber rührend fand ich es dennoch. Vor allem die lustige Idee, von einem Handy ohne Preselect nach Japan zu telefonieren dürfte der Telekom gut gefallen haben.
Fahrer: Rate mal, was gerade im Fernsehen läuft … Überraschung! Ich bin nur der Koch. Der Abend ist gerettet!!!! Und danach gehe ich rüber ins Onsen, denn es regnet heute doch ein wenig zu stark, um mit dem Fahrrad in die Stadt zu fahren. Außerdem ist so ein Besuch im Onsen saugemütlich, wenn es regnet. Bis die Tage also!
Olli, 19. Februar 00