1993: Was von meinem Zimmer übrig blieb…
Ein altes Foto vom Herbst/ Winter 1993 aus meinem damaligen Jugendzimmer weckte in mir die Frage: Was stand oder hing damals in meinem Zimmer und was ist davon auch heute noch übrig?
Ein typisches Zimmer für einen 20-jährigen im Jahr 1993?
Eine gute Frage – war mein Zimmer ein typisches Zimmer für einen 20-jährigen? Auf den ersten Blick bestimmt – Stereoanlage, Fernseher, CD-Tower, Schwarzes Brett aus Kork, Poster an der Wand. Sieht doch normal aus, oder?
OK, dann schauen wir mal etwas genauer hin und werden feststellen, dass es schon ein paar eher ungewöhnliche Elemente gibt. Vorweg möchte ich allerdings erwähnen, dass ich mir den Großteil der folgenden Elektronikgeräte nur durch meinen gut bezahlten Ferienjob leisten konnte. Sonst wäre ich dazu sicherlich nicht in der Lage gewesen.
Mein Plattenspieler: Mein erster Technics SL-1210MK2.
Im Jahr 1993 leistete ich mir meinen ersten Plattenspieler. Zu der Zeit war ich schon längst vom Technofieber gepackt, das sich Anfang der 1990er Jahre auch in die letzten Dörfer verbreitet hatte. Anfangs wusste ich noch nicht, wo man sich am besten mit dem neuesten Vinyl versorgt, und das Hard Wax (und später das Delirium) gab es in Saarbrücken zu dieser Zeit noch nicht.
Bevor es also nach Frankfurt (Delirium) oder Mainz (Now! Recordstore von Andy Düx) ging, versorgten wir uns in – Zweibrücken!
Wahrscheinlich war es der Musikladen Philippi, der leider seit Anfang 2021 sein Ladengeschäft aufgegeben hat. Ich kann mich erinnern, dass ich dort einige CDs – und später eben auch Platten gekauft habe. An einige erinnere ich mich noch: Melodies of Silence / Riot Cracker Doppel EP von Casseopaya und Texas Cowboys von The Grid.
Gut, dann ging es also für einige Zeit nach Mainz/FFM zum Einkauf, und später wieder zurück nach Saarbrücken. Das Hard Wax (in Saarbrücken) ist Geschichte, das Delirium gibt’s gar nicht mehr – aber es gibt nach wie vor das Humpty Records im Nauwieser Viertel. Nicht viel später, noch im Jahr 1994, kam ein zweiter Technics mit einem simplen Mischpult dazu, und die Mixtapes fingen an.
Beide Plattenspieler gibt es heute noch! Einer steht nun bei mir, der zweite bei meiner Mutter. Und sie funktionieren noch genauso gut wie vor 30 Jahren! Nur die Nadeln wurden immer wieder mal getauscht.
Mein CD-Spieler von Grundig.
Leider habe ich gerade die genaue Produktbezeichnung dieses CD-Spielers nicht mehr, aber er ist schon sehr alt. Gekauft wurde er tatsächlich bereits in den 1980er Jahren, und es ist ein Grundig CD-8150. Laut dieser Online-Datenbank wurde er nur im Jahr 1988 gebaut – das passt gut zu meinen Erinnerungen.
Irgendwann habe ich ihn dann übernommen und in meine Stereoanlage integriert. Ach, tempus fugit – wenn ich mich richtig erinnere, habe ich anfangs meine ersten CDs nummeriert, und ich habe bestimmt irgendwo noch eine Übersicht, welche CDs das wohl waren. Ohne lange zu suchen bin ich mir sicher, dass U2 – The Joshua Tree mit dabei war – und auch Mel & Kim mit Showing Out (vielleicht sogar in England gekauft).
Und ja, auch dieser CD-Spieler existiert noch: Er ist jetzt Im Wohnzimmer gelandet und zusammen mit dem zweiten Technics sorgt er für guten Klang. Mindestens an Weihnachten, wenn wir uns alle Winter in Kanada oder Frosty the Snowman anhören. (Let it snow höre ich zwar auch immer um Weihnachten herum, aber die Nakatomi Plaza-Version, wenn ihr versteht was ich meine.) Ganz rechts unten sieht man eine CD von The KLF – wahrscheinlich die legendäre 3 a.m. eternal.
Laserdisc-Player Pioneer CLD-1750 und Philips DCC 900.
OK, spätestens jetzt kommen Sachen, die nicht mehr typisch für ein Jugendzimmer 1993 waren: Oben sieht man meinen Laserdisc-Player, den Pioneer CLD-1750. Warum ich den habe, könnt ihr hier nachlesen (Achtung: Geek & Nerd-Alert!). Neben dem ursprünglichen Grund, Dragon’s Lair im Original zu Hause zu spielen, gab es dann aber bald eine zweite, länger anhaltende Motivation: Kinofilme in der damals höchsten verfügbaren Qualität im Original zu Hause ansehen, während die deutsche Fassung noch im Kino lief. Hat mich damals ca. 1.500 DM gekostet, und jeder Kinofilm nochmal 70-100 DM.
Darunter ist ein Philips DCC 900. Auch über die Digitale Compact Cassette habe ich mehrere Artikel geschrieben, zum Beispiel dass meine Kaufentscheidung auf einer Fehlberatung beruhte. Aber Frust hin oder her – die DCC war neben dem (im Privatbereich) noch exotischeren DAT letztendlich doch ein digitales Format, und nachdem ich meine alten DCC vor ein paar Jahren gerade noch rechtzeitig überspielte muss ich immer noch sagen, dass der Klang echt super war! Da ich die Originaldokumente noch habe: Bestellt habe ich den DCC am 19.11.1992, erhalten habe ich ihn am 24.11.1992 für 1.399 DM (heute ist der 25.11.2023 – fast genau 31 Jahre ist das her!) inkl. 24 Monate Garantie. Die ist schon lange abgelaufen, aber er läuft noch…
Bilder und Eintrittskarten für Amiga-Messen.
Ende 1993 war ich noch voll im Amiga-Fieber. Zwar spielte er auf der Uni neben Unix keine Rolle, aber Commodore war noch nicht pleite, wir entwickelten noch unser Spiel und mein erster PC kam erst im Herbst 1995 ins Zimmer. (Die Verpackung des Amiga 1200, gekauft November 1992 als einer der ersten Käufer in Deutschland direkt auf der World of Commodore, ist auf anderen Fotos auf dem Schrank zu sehen.)
The KLF – Trancentral.
Ja was hängt denn da an der Wand? Da wären zuerst unübersehbar zwei Plakate, die ich als Vorlage für ein eigenes „KLF“-T-Shirt gemalt habe. Spreadshirt gab es damals noch nicht, aber McShirt, und bei denen war ich ein paar Jahre lang guter Kunde. The KLF waren 1991 die kultigste Dance-Band der Welt, und ihr „Last Train to Trancentral“ geht mir auch heute noch ins Blut.
Die Fratze – lange ein Mysterium.
Kaum zu erkennen ist in der linken oberen Ecke des Korkbrettes eine kleine Skizze einer Fratze, die ich mal für eine Grafik eines neuen Amiga-Demos vorgesehen hatte.
Links ist sie in groß zu sehen, denn auch sie hat mittlerweile über 30 Jahre in meinen Archiven überlebt. Ich denke, ich habe sie so ca. Ende 1991 aus einem Kunstbuch meiner Mutter abgepaust (welches Buch, das habe ich schnell vergessen). Dann kam Anfang 1992 „Masterpieces“ von Kefrens raus – und da war dieses Motiv auch schon zu sehen. Mehr dazu kann man auch hier lesen, ganz am Ende. Dort ist mittlerweile auch die Auflösung meiner Frage zu finden, woher wohl das Original stammt – denn es war und ist offensichtlich so bekannt, dass es schon damals in Büchern abgedruckt wurde.
Es ist ein Gorgone, gefunden in einem Tempel nahe Portonaccio. Tja, hätte es damals schon die Google Bilder-Inverssuche gegeben… aber wo wäre dann der ganze Spaß geblieben?
Grönemeyer live in Trier.
Unter dem Gorgonen hängt die Eintrittskarte für ein Grönemeyer-Konzert: Die Open Air ’92 Tour hatte eine Station am 21. Juni 1992 in Trier-Konz, und im dortigen Stadion fand ein wunderbares Konzert statt. Anscheinend war der offizielle Name „Luxus-Tour“, benannt nach seinem gleichnamigen Album von 1990. (Erst 1993 kam das nächste Album „Chaos“ heraus.) Die Tour ging anscheinend über 3 Jahre, von 1990 bis 1992! Beeindruckend! 29 Lieder hatte er an diesem Tag für uns gespielt, es war ein tolles Konzert!
Leider finde ich nirgendwo Infos zur Vorband. Ich glaube, es war etwas Folkloriges, vielleicht weiß das jemand zufällig. Das Wetter war gut, wie auch die historischen Aufzeichnungen zeigen. Nur an Regen kann ich mich nicht erinnern – vielleicht war das schon am Morgen. Aber, hui, 26 DM für die Karte – das waren schon andere Preise damals, selbst wenn man die Kaufkraft damals berücksichtigt. Das wären 2023 ungefähr 23 Euro – auf der 2024er Tour fangen bei der Waldbühne Berlin die Preise bei 200 Euro an und gehen auf über 400 Euro. Ich weiß nicht wie ihr das seht, aber ich finde solche Preise obszön und bleibe fern.
Depeche Mode in der Maimarkthalle Mannheim.
Fast ein Jahr später war dann ein Depeche Mode Konzert fällig. Am 12. Juni 1993 waren sie zu Gast in der Maimarkthalle in Mannheim im Rahmen ihrer „Devotional“-Tour. Auch hier muss ich sagen: Fantastisches Konzert, auch wenn sie gegen Ende bei den Zugaben doch ein wenig sehr durchblicken ließen, dass die Synthis auch alleine spielen können…
Ein wenig verblüfft bin ich allerdings, dass dieses Konzert als Bootleg-Video (mit schlechtem Bild und schlechtem Ton) auf YouTube zu finden ist. Aber egal wie auch die Qualität ist – tolle Erinnerungen werden da wach, immerhin war ich genau bei diesem Konzert auch irgendwo mitten in der Menge.
Die Vorband „Miranda Sex Garden“ kam gar nicht gut an, sie wurde gnadenlos ausgebuht, und gefühlt jeder hielt demonstrativ die Eintrittskarte hoch um zu zeigen, für wen man gekommen war. Anscheinend war es in Nürnberg sogar noch schlimmer für sie. Am Beispiel des Auftritts in Berlin sieht man gut, wie schlecht sie ankamen – aber irgendwie auch völlig frustrierend für eine Band. Spätestens nach dem zweiten ausgebuhten Auftritt hätte man es ihnen doch auch ersparen können, meine ich.
Eintrittskarten für Amiga-Messen.
Der Commodore Amiga… seit dem 31. Oktober 1987 war er (eigentlich: Sie) mein getreuer Begleiter, bis es im Herbst 1995 mit einem Windows 95 PC (90 MHz Pentium, glaube ich) den großen Wechsel gab. 1994 ging Commodore Pleite, aber selbst für Enthusiasten wie mich war schon spätestens 1993 klar, dass andere Systeme die Zukunft gestalten werden.
Meine Erinnerungen zu den Amiga-Messen kann man hier nachlesen, und im Winter 1993 hingen alle Eintrittskarten an dieser Wand (teilweise verdeckt durch den rechten CD-Ständer). Die links abgebildete Karte hing unterhalb des Grönemeyer-Tickets, und darunter hing die Karte für die Amiga ’92 in Berlin.
Fast komplett durch die Depeche Mode Eintrittskarte verdeckt ist die im Vorverkauf erstandene Karte für die Amiga ’90. Ach, was waren wir jung damals und welch merkwürdige Zeiten waren das, als es eine Todsünde war, nicht genügend (leere wie bespielte) Disketten zum Tausch dabei zu haben.
Die Milliways Party am Ende des… in Saarbrücken.
Ich glaube nicht, dass der Veranstalter der Milliways-Party vorher bei Douglas Adams die Lizenzrechte geklärt hat. Dennoch hat er es geschafft, mindestens zweimal die Party am Ende des Universums in der Garage in Saarbrücken auszurichten. Zweimal deshalb, weil diese Eintrittskarte für 1991 gilt, und wir erst im Frühjahr 1992 das Zaphod Beeblebox-Kostüm (2 Köpfe, 3 Arme!) erschufen, mit dem wir der Star auf einer Milliways-Party waren (nicht nur dort).
Stefan ging im Bademantel als Arthur Dent, Rudi im karierten Jacket und Tasche mit Handtuch als Ford Prefect – und irgendwann hatten wir sogar einen Marvin im Schlepptau (Mann, war der depressiv!). Ich bin mir nicht mehr sicher, aber ich glaube unsere „Don’t Panic!“ Box (beleuchtet!!!) kam erst 1-2 Jahre später.
Spielerskizzen für Cross Check
Ende 1993 waren wir eigentlich schon lange fertig mit Cross Check, wenn ich mich recht erinnere, aber irgendwie ging es nicht so recht voran mit der Veröffentlichung. Die kam erst viel später, als die Amiga-Umsätze für Spiele noch weiter runtergingen als sie schon waren.
Aber es geht ja darum, was ganz unten auf der Korkwand angeheftet war: Spielerskizzen von Rudi (auf dem Foto hochkant angeheftet, um 90 Grad im Uhrzeigersinn gedreht). Die liegen immer noch in irgend einem Ordner bei mir :).
Die Bilder am oberen Rand – ja, die gibt’s auch noch. Die liegen unter meinem alten Bett, zusammen mit vielen anderen meiner früheren Gemälde. Ich muss rückblickend sagen, dass ich ziemlich viel gemalt habe, bis mich so ca. 1995 anscheinend die Lust verlassen hatte.
Einzig das SDI-Logo – das gibt es ausgedruckt nicht mehr. Aber die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch, dass ich noch die originale Grafikdatei irgendwo auf den hunderten mit dem Kryoflux überspielten Disketten finden werde…