31.10.1990 – Gefundene Notiz über „3 Jahre Amiga 500“.
In meinem Mathematik-Schulheft findet sich am 31.10.1990 ein Verweis auf den Kauf meines Amiga 500 genau 3 Jahre davor – mit einem Vergleich, was sich seitdem geändert hatte. Was für ein Zufallsfund!
Ende 1990 – die Vorbereitungen für das Mathe-Abi laufen.
Im Herbst 1990 ging ich noch zur Schule, aber das Ende dieser Zeit rückte immer näher: Im Frühjahr 1991 stand das Abitur vor der Tür, und natürlich bereitete uns unser Lehrer gewissenhaft auf die Prüfung vor. Wir rechneten regelmäßig Musteraufgaben vergangener Abitur-Prüfungen durch, was ich gewissenhaft in meinem Schulheft festhielt.
Vielleicht noch ein Wort zu meinen Schulheften: In den Jahren 2020 und 2021 habe ich viel digitalisiert, was über Jahrzehnte in einer kleinen Kammer unberührt in Regalen stand. Darunter waren auch viele Unterlagen aus meiner Schulzeit, die zu diesem Zeitpunkt teilweise schon über 30 Jahre vergangen war. Für einige Fächer, wie zum Beispiel Mathematik und Physik, habe ich damals sehr dicke Hefte verwendet, in die der Inhalt mehrerer Jahre hineinpasste – vielleicht schreibe ich darüber irgend wann einmal.
Jedenfalls bemerkte ich beim Einscannen meines Matheheftes einen ganz interessanten Eintrag, bei dem mein Nostalgiefaktor in die Höhe schnellte.
31.10.1990 – „Genau vor drei Jahren kaufte ich meinen Amiga 500“.
Auf Seite 160 (von 224) ging es um Wahrscheinlichkeitsrechnung. (Anmerkung: Damals wie heute ist das ein Feld der Mathematik, in dem ich mich nie wohl gefühlt habe…) Zwischen Formeln ist eine dieser typischen Kritzeleien zu finden, deren Bedeutung heute nicht mehr nachvollziehbar ist. Der Handschrift nach haben sich hier Arnd („Ekel!“) und Marc („KLÖNG“) verewigt, und ich habe das Datum 31.10.1990 hinzugefügt. Das war ein Mittwoch, und das bedeutete eine Doppelstunde Mathematik.
Was auch immer der Grund für die Anmerkung war – anscheinend erinnerte ich mich dadurch an ein Ereignis, das auf den Tag 3 Jahre früher stattfand, am Samstag, dem 31.10.1987:
„Exactly 3 years ago, I bought my Amiga 500 in St. Ingbert (Shop 64, 1178 DM + 54 DM Adapterkabel + 49 DM Disketten). Heute: A500, 2,5 MB RAM, 2. Laufwerk, Monitor 1084 von Commodore, Star LC-10 Color und ~300 Disks (27.12.1990)“
Anscheinend habe ich diesen Zusatz während den Weihnachtsferien hinzugefügt, als ich mich für das große Finale im Jahr 1991 vorbereitet habe. Es sind nur wenige Wörter, im Grunde nur eine nüchterne Aufzählung – aber sie tragen eine enorme Informationsdichte in sich, die einmal für mich aus verständlichen, nostalgischen Gründen Emotionen in mir auslösen, und andererseits auch eine zeitliche Einordnung verdienen. Vor Allem der Vergleich, was sich von 1987 zu 1990 änderte, und was dazwischen passierte.
Wie sah die Welt im Herbst 1987 aus?
Abseits der Weltpolitik, die mich damals so gar nicht interessierte, bestand zumindest meine Computerwelt noch aus einem C64 (mit Diskettenlaufwerk), wie man in meinem persönlichen IT-Rückblick lesen kann. Der Amiga war schon seit über einem Jahr in aller Munde, aber bis Frühjahr 1987 unbezahlbar – denn im Mai 1987 erschien auf dem deutschen Markt der Amiga 500 mit 512 KB RAM zu einem Startpreis von 1.298 DM.
Das war aber immer noch zu teuer… und so wartete ich auf die erste Preissenkung und verkaufte gleichzeitig meinen C64 schweren Herzens, damit ich das Geld zusammenkratzen konnte. Deswegen existieren leider aus meiner C64 Zeit keinerlei selbst erstellte Programme oder Grafiken in elektronischer Form mehr, nur noch als Sprite-Skizzen oder handschriftliche Programmcodes, wie man exemplarisch links sehen kann.
Es war damals völlig üblich, dass es kleinere Computerläden gab, die man aufgrund ihres Sortiments und der normalerweise recht hohen Beratungskompetenz schätzte. Ketten wie der Media-Markt waren Mitte der 1980er Jahre mit 10 Filialen noch zu jung und klein, um eine überregionale Rolle zu spielen. Saturn hatte zu der Zeit sogar erst drei Märkte.
Gekauft im Shop 64.
Im Saarland gab es den „Shop 64“, gegründet im März 1985. Wie der Name schon sagt, entstand dieses Geschäft zur Hochzeit des C64. Im Saarland gab es meines Wissens nach damals 5 Filialen: in Saarbrücken, Saarlouis, Homburg, St. Ingbert und die Hauptniederlassung in Neunkirchen – wo ich meinen Amiga 500 kaufte, zum Preis von 1.178 DM. Anfang 1989 schien der Shop 64 auch Filialen in Neustadt, Trier und Kaiserslautern zu haben. (Und 1991 wohl auch in Mainz.)
Gleichzeitig kaufte ich auch einen A520 TV-Modulator für 54 DM. Mit diesem konnte man das Bild auf einem Fernseher wiedergaben. Leider war schon damals diese Bildqualität als „nicht gut“ zu bewerten, aber für einen Monitor hatte ich einfach kein Geld.
Man darf auch nicht vergessen, dass die damaligen Computer, selbst wenn sie in der Lage waren, laut Beschreibung „hochauflösende“ Grafik wiederzugeben, immer noch unterhalb der PAL Fernsehauflösung lagen. Der Amiga war der erste Heimcomputer, der zumindest genau gleich hoch auflösen konnte. Der Preis von 49 DM für 10 Disketten war damals eher am unteren Preislimit. Für „Markendisketten“ konnte man 1987 auch schnell 70 DM oder noch mehr hinlegen. 5 DM für 0,88 MB Speicher – das wären über 5.500 DM pro GB Speicherplatz gewesen. (Kaufkraft im Sommer 2021: Knapp über 5.000 Euro!) Heutzutage ist es günstiger… Mit dieser Ausstattung war ich Herbst 1987 aber ganz weit vorne mit dabei!
3 Jahre später – Mein Amiga 500 im Dezember 1990.
Auch im Dezember 1990 war mein Amiga 500 durchaus immer noch ein sehr attraktiver Homecomputer. Sicher, es gab schon weitaus mächtigere Systeme mit höherer Auflösung und mehr Rechenpower, aber die waren auch preislich weit weg von dem, was man sich als gerade volljährig gewordener Immer-noch-Schüler leisten konnte. Aber was hatte sich geändert?
Speicherausbau: von 0,5 MB auf 2,5 MB! Im November 1989 und November 1990 fand jeweils die Amiga-Messe in Köln statt, und wie ich mich erinnern kann, habe ich dort immer zu Messepreisen Hardware etwas günstiger eingekauft. Mein Projekttagebuch für die Amiga ’90 erwähnt die 2 MB Erweiterung für Preise von zwischen 400 und 450 DM. Das zweite Laufwerk habe ich, wenn ich mich richtig erinnere, auf der Amiga ’89 für knapp 200 DM Messepreis gekauft (das war damals unglaublich billig). Endlich konnte ich Megademos auf zwei Disketten ansehen, ohne zum DJ zu werden 😉
Den Monitor Commodore 1084 habe ich bestimmt irgendwann 1988 gekauft, und für das 14 Zoll Display wahrscheinlich 649 DM bezahlt – so viel kostete er im Sommer 1988. Leider habe ich gar keine Fotos, auf denen er zu sehen war, außer diese stark vergrößerten Aufnahmen einer Party von Ende 1993, bei denen wir einige Amigas als „Multimedia-Installation“ hinter den DJs Demos abspielen ließen. (Die Kenner alter Amiga-Demos werden bestimmt das „Spreadpoint“-Logo des Wooow!-Demos erkennen.)
Für den 9-Nadel-Drucker Star LC-10 Color (Endlospapier!) habe ich auch über 700 DM ausgegeben: Ende 1988 war er für 749 DM zu haben, und Ende 1990 war schon der 24-Nadel Nachfolger Star LC-24/200 für 850 DM erhältlich.
2.000 DM für heutzutage lächerliche Ausstattung.
Haltet euch das mal vor Augen: Nachdem ich schon knappe 1.200 DM für Computer, Anschlusskabel an Fernseher und 10 Disketten ausgegeben hatte (was Sommer 2021 etwa 1.100 Euro entspricht), gab ich in den 3 Jahren danach nochmal 2.000 DM (also etwa 1.800 Euro) für einen Popelmonitor, Diskettenlaufwerk, lauten Nadeldrucker und etwas RAM aus.
Was würdet ihr Sommer 2021 für knappe 3.000 Euro bekommen? Zum Beispiel einen brandneuen Apple 4.5K 24″ iMac mit 16 GB RAM und 2 TB SSD (und eingebauter Full HD Webcam). Nicht, dass ich mir jemals einen Apple-PC kaufen wollen würde (zu überteuert und zu bevormundendes Ökosystem), aber ihr seht den Unterschied.
Ach ja, Disketten konnte man Ende 1990 schon für ungefähr 1 DM pro Stück kaufen. Den Preisverfall bei Speichermedien gab es also schon immer. Dennoch – für 300 Disketten habe ich in den 3 Jahren bestimmt mindestens 450 DM zusätzlich ausgegeben.
Was hatte ich bis Ende 1990 auf dem Amiga erstellt?
Ja, ich habe unglaublich gerne und viel auf dem Amiga gezockt!
Aber ich habe nicht nur konsumiert, sondern auch erschaffen: Kurz nach dem Kauf habe ich bereits meine ersten Sinus-Scroller programmiert, und Grafiken für unsere erste R-Type Slideshow und für unsere Demo-Gruppe „Reality“ weitere Motive gepixelt, die auch auf Shirts gedruckt wurden. Mit Skullraider haben wir sogar den Weltrekord für den längsten Scrolltext aufgestellt.
1989 habe ich meine ersten Computergrafik-Animationen erstellt, und bis Ende 1990 war ich an 9 Demos beteiligt. Dabei war Vectorballs Ende 1990 erwähnenswert, und bereits im Entstehen war Realaxation, das Anfang Februar 1991 herauskam – zusammen mit Axiom aus Neunkirchen.
Über 30 Jahre ist das nun auch wieder her, und ihr könnt euch vorstellen, dass mir beim Schreiben dieses Artikels so manche Gedanken durch den Kopf gegangen sind, und dass ich dabei mehrmals gedacht habe „wenn ich doch nur nochmal…“ – aber die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen.
Ich bin glücklich, dass ich damals mit dabei war, als die Computer ihren Weg in die Privathaushalte fanden. Und ein wenig stolz, dass ich auch etwas dazu beigetragen habe, was auch heute noch zumindest teilweise im großen Lexikon der Amiga-Szene zu finden ist. Oder über das in Zeitschriften berichtet wurde (siehe links), wie das Interview mit Boris Schneider oder Factor 5 (Teil 1 und Teil 2).
P.S.: Den Shop 64 gibt es mittlerweile nicht mehr. Das hat mich nicht unbedingt überrascht – aber was mich überrascht hat war, dass die Firma bis Frühjahr 2010 tatsächlich noch existierte und nach einer ordentlichen Liquidation dann gelöscht wurde. Aber die Garantie ist eh schon abgelaufen 😉