Projekttagebuch Amiga ’90.
Hier sind Auszüge aus meinen Projekttagebuch der Amiga ’90. Wie war das damals, Anfang November 1990, kurz vor der Messe in Köln?
Die Amiga ’90 – Vorfreude!
Nachdem die Amiga ’89 als erste große Amiga-Messe in Deutschland vom Stand weg Kult wurde, wartete jeder Amiganer sehnsüchtig auf die Amiga ’90 – wir natürlich auch. Beim Überspielen 2019 entdeckte ich auf einer alten Diskette doch tatsächlich eine Art Tagebuch, das ich kurz vor der Messe geschrieben habe. Einige Ausschnitte davon möchte ich hier veröffentlichen. Sie lassen mich ganz schön sentimental werden: Als ich das schrieb, war ich gerade volljährig und ging noch zur Schule. Beim Lesen der Texte wurden längst vergessene Erinnerungen wieder wach und ich kann mich noch sehr gut an manche Episoden erinnern: Wo die Jugendherberge war, der Weg von dort zum Messegelände…
Erlebnisbericht zur AMIGA 90 vom 8.11.-11.11.1990 in Köln – Samstag, 27.10.
Heute in 2 Wochen sind wir schon dort. Die Fahrkarten sind gekauft (380 DM mit Reservierung; Abfahrt Homburg 05.03, Ankunft Köln ca. 09.00; Abfahrt Köln 20.01, Ankunft Homburg 23.37), die Betten in der Jugendherberge Köln-Deutz (Siegesstr. 5a, 5000 Köln 21, Tel (0221) 81 47 11) sind reserviert, die Jugendherbergsausweise (für je 17,-) gekauft. Die Karten wurden schon längst in der Vorbestellungszeit geordert und die 9 Karten (Dom kommt nur Sonntags) für je 10 DM sind da.
Von der Planung her dürfte nichts schiefgehen!
Darüber hinaus besitzt jeder von uns sein eigenes REALITY- T-Shirt mit Namen und Funktion des jeweiligen Besitzers und wird es mitnehmen. – Bis auf XXX, der erst seit Anfang der Woche zu unserer Gruppe gehört. Er muss dann halt eines unserer alten Hemden anziehen, auf denen lediglich der Gruppenname vermerkt ist.
Als ob das nicht reicht, nimmt jeder von uns noch Leerdisketten mit, bzw unsere Demodisketten mit den 3 Bildern von mir (ZZ Top, Grille und Batman) und unseren 3 Amiga 90-Demos, die von Marc programmiert wurden.
[…] Hier die Kurzbeschreibung der Demos in Reihenfolge der zeitlichen Entstehung (wobei das erste zum heutigen Zeitpunkt jedoch höchstens einen Monat alt sein dürfte!) :
Scrollers: Und wieder ein Weltrekord von Reality! Scrollers bietet nebst einem schönen 32-Farben-Logo (von MWR) und einer Scrollschrift noch den eigentlichen Weltrekord: 40 Rastersplits, die 200 Pixel hoch sind. Dazu kommt noch Musik und lächerliche 72 Ball-Sprites. WICHTIG: Zur Zeit ist der Zeichensatz noch von TCC of Red Sector (8×8) und die Musik von Firefox of Phenomena. Aber ich schätze, daß wir ein Musikstück von Dom und einen Zeichensatz von mir einbauen werden. […]
Megadycper: Wie der Name schon sagt: Ein Megadycper, und zwar der sauberste, den ich (bis jetzt) gesehen habe. Ich sagte mit Absicht „bis jetzt“, denn ich bin mir sicher, wir werden auf der Messe so manches sehen, was uns die Ohren schlackern lässt. Doch nun zum Demo: Ein 32×32 Font von mir, 4 Tonkanal-Ausschläge und Prozentangebe der von der CPU verbrauchten Zeit. […]
Vballs: Ein hammerhartes Vectorbob-Demo. Wer das Woow-Demo von Depeche of Spreadpoint kennt, der wird wissen, was auf ihn zukommt: Feinste Vectorball- Scrollschrift. Nun werdet ihr sagen. Na, schön und gut, aber ich denke, das gab’s schon! Na ja, so unberechtigt ist der Einwand nicht, aber unser Demo ist eine stark erweiterte Fassung des Themas:
- Die Routine von Cosmos ist schneller
- Sie ist flexibler: Einfach im Scrolltext die Parameter ändern, schon wird die Kurve (nach einer kurzen Berechnungspause) geändert
- Sie erlaubt mehr Bälle gleichzeitig auf dem Bildschirm. Zusätzlich haben wir (Marc und Ich) den Font getunt: Da die Buchstaben mit vielen langen senkrechten Strichen (wie I,U,M usw) Probleme machen, nicht aber Buchstaben mit mehr waagerechten Strichen oder gleichmäßigerer Punkteverteilung (wie S,V,X usw) haben wir den (5×7 proportional-) Font dahingehend bearbeitet. Natürlich existiert noch eine Zeitangabe wie im Megadycper und eine kleine lesbare Scrollschrift wie im Woow-Demo.
Der absolute Hammer dürfte aber das sein: Hinter der Vectorscrollschrift schwingt noch ein Logo in Sinusform hin und her. Aber kein kleines: Es ist fast 3 Bildschirme lang und volle 256 Pixel hoch !!! Zusätzlich wird es noch mit Rasterbars ausgefüllt
[…] Aber wie das Leben so spielt: Das Woow-Demo ist alt, nämlich August ’89. Unser Demo könnte längst überholt sein.
Donnerstag, 1.11.
OOPS! What’s this ??? – So beginnt der Scrolltext unseres Vectorbob- Demos. Da ich inzwischen die endgültige Version gesehen und unsere Musik gehört habe, bin ich beruhigt. Es wird schon „schiefgehen“!
Mittlerweile habe ich eine Liste mit allen ausstellenden Firmen angelegt. Es erwartet uns so manches:
- Ein Versand bietet schon The Bard’s Tale III für 69,- an
- Einige Firmen verkaufen die 2MB Erweiterung für 400-450,-
- Firmen werden eine 68040-Karte für den A3000 präsentieren
- Viele Grafikkarten, Digitizer usw. mit 16,7 Mio Farben gleichzeitig
Unser Plan wird so aussehen:
Erst zur Jugendherberge, das Zeug abladen. Dann direkt zur Messe bis zum Schluss. Vielleicht dann auf eine Copy-Fete. Herumstreunen in der Stadt; schlafengehen. Morgens zur Messe; herumstreunen, heimfahren.
Toll, gell???
Da die Hallen 5x so groß sind wie letztes Jahr, dürfte es kein so großes Gedränge geben. Zusätzlich hat Halle 10 noch ein zweites Stockwerk. Die zweite Halle (für die Software) ist Halle Nr. 12.
Okay, so long bis zum nächsten Mal!!
Sonntag, 4.11.
Nicht nur, dass heute Welttanztag ist, nein, heute in einer Woche sind wir bereits mitten im Geschehen. Vielleicht haben wir schon erste Kontakte geknüpft und vielleicht ist auch eine der großen Gruppen (in Reihenfolge des Bekanntheitsgrades) wie Red Sector, Spreadpoint, Quartex, Paranoimia, Black Monks, Vision Factory, Double Density Crew oder natürlich Kefrens dabei.
Ich wüsste schon gerne konkret, was aus manchen Gruppen wie Dynamic Duo, Section 8, ECA, 1103 und vor allem Headbanger (Georg) geworden ist. Bei manchen habe ich die Vermutung, dass sie zu XXX geworden sind…
Puuh, was sonst? – Dom fährt nun doch vielleicht schon am Samstag mit uns im Zug nach Köln. Deshalb habe ich ihm unsere Reservierungsnummern gegeben. Vielleicht kann er noch einen Platz in unserem Abteil ergattern!?! Wenn nicht, wäre es schade.
Da fällt mir noch etwas ein: Letztes Jahr überraschte Allan Hastings (von dem ich heute noch das Autogramm (was heißt eigentlich Autogramm auf englisch?) auf meiner Eintrittskarte habe) alle mit der ersten kleinen Version seines (nun fertiggestellten) Videotoasters – Daten folgen: 16,7 Mio Farben (gleichzeitig), 7-Kanal-Broadcast-Qualität, Echtzeitdigitizer (natürlich Farbe) und mehr…
Ich bin auf seine derzeitigen Computerfilme gespannt, sein letzter called „Rush-hour“ war schlichtweg amazing! Ha, da fällt mir noch ‚was wichtiges ein: Visitenkarten, wir brauchen dringend noch Visitenkarten- muss sofort noch auf den Notizzettel drauf. Hier die Liste des Merkzettels:
- Fahrkarten
- Eintrittskarten
- Reservierung für die Jugendherberge
- Jugendherbergsausweise
- Stadtplan von Kölle
- Leerdisks
- Disks mit unseren Demos
- Visitenkarten
- viel Klein- und Großgeld
- Reiseproviant!!!!!
- unsere Hemden (of course)
So, und jetzt geh ich essen. Guten Appetit.
Neue, bedruckte Hemden mit Reality-Logo.
In einem früheren Beitrag habe ich geschrieben, wie aufregend es Anfang 1990 war, ein Hemd zu tragen, das mit einem eigenen Motiv bedruckt war. Das war für sich alleine genommen für damals schon besonders, weil es Firmen oder Dienstleistungen wie Spreadshirt einfach noch nicht gab. Aber noch besser war es natürlich, wenn das Druckmotiv eine Computergrafik war, die man selbst Pixel für Pixel gesetzt hat. Und so sahen die Hemden aus, die im Projekttagebuch angesprochen wurden.
Mein Hemd ist wahrscheinlich das einzige noch existierende Exemplar von damals… Wir lernten damals über die Commodore-Wand Axiom aus Neunkirchen kennen, mit denen wir damals zu Visdom fusionierten.