Reality Megadycper-Demo, 1990.
Das zweite „Reality“-Demo war das „Megadycper“-Demo, das im Grunde nur aus einem etwas komplexeren Sinus-Scroller vor einem Sternenhintergrund bestand. Anscheinend – laut Scrolltext – waren die Routinen aber technisch sehr fordernd.
DYCP?
Die Demoszene ist sicherlich für einige kreative Wortschöpfungen bekannt, und damit meine ich nicht den „Lamer“ (von „to be lame“) als Bezeichnung für „Nichtskönner“, „Anfänger“ – oder einfach jeden, der der eigenen Meinung nach nicht so gut war wie man selbst.
Zu den oft kryptischen Fantasiewörtern (oder wie die „Glenz“-Vektoren aus dem schwedischen „Gläns“ entlehnt) gehörte um 1990 auch „DYCP“. Damit waren Scrolltexte gemeint, die sich (mindestens) zeichenweise auch nach oben und unten bewegten, denn „DYCP“ steht für „Different Y Character Position“. Für C64 wie Amiga war es kein Problem, einen gesamten Scrolltext z.B. in einer Sinusbewegung nach oben und unten zu bewegen, aber wenn man jedem einzelnen Buchstaben diese Freiheit geben wollte, musste man auf dem C64 mit schmutzigen Tricks arbeiten.
Auf dem Amiga war es leichter, dank der Rechenpower, und weil üblicherweise jeder Buchstabe sowieso als Grafik in den Bildschirm kopiert wurde. Und dann ist es auch egal, ob er etwas höher oder tiefer als die Buchstaben um ihn herum platziert wurden.
Der Megadycper.
Natürlich mussten wir auch ein Demo mit DYCP-Effekten releasen, und es musste natürlich ein „Megadycper“ werden. Cosmos hatte dabei den Gedanken, dass sich der Scroller in jedem Pixel auf der x-Achse auch vertikal bewegt, und nicht nur jeder Buchstabe. Damit ist es zwar kein „DYCP“-Scroller mehr, sondern ein „DYPP“-Scroller („Different Y Pixel Position“) – was es aber nicht minder beeindruckend machte.
Ich glaube auch, dass der Begriff „DYPP“ später etabliert wurde. Auf jeden Fall zwang das auch den 68000er des Amigas in die Knie, wie hier schön beschrieben wird. Cosmos hatte damals nicht den Luxus des Internets oder eines gut dokumentierten „How to Code a DYCP-Scroller“ Beispiels, aber er schaffte es trotzdem! Und er kombinierte den Scroller auch noch mit mehreren Sinus-Amplituden, hinterlegte einen simplen Sternenhintergrund mit mehreren Ebenen und maskierte den Font mit einem Farbverlauf.
Dass mit dem Spielen der Musik nun wirklich fast alles ausgeschöpft war, konnte man an der Zahl sehen, die rechts unten im Eck zu sehen war. Sie repräsentierte die CPU-Auslastung in Prozent – und das war immer gefährlich nahe an 100%.
A propos Musik… Leider war auch in diesem Demo nicht alles selbst erstellt. Die Musik stammte auch dieses Mal nicht von uns, sondern war das Modul „Tennis“ von Starbuck aus dem beeindruckenden „Wooow!“-Demo von Spreadpoint. Wie in einem der Links zu sehen ist, waren wir nicht die Einzigen, die die Musik gut fanden. Auch heute finde ich das Mod ziemlich kraftvoll, leider etwas kurz geraten. Dafür ist das Lied gerade mal 55 KB groß.
Die Disk.
Das Demo schlummerte über 25 Jahre auf einer Diskette vor sich hin, die mit „Reality Demo-Disk I“ betitelt war. Ich wusste nicht, was mich erwarten würde, als ich Anfang 2019 die Diskette mit dem Kryoflux-Board überspielt habe. Eine damals übliche Zusammenstellung mehrerer Demos von verschiedenen Gruppen, die als „Reality Demo Disk“ Serie verteilt wurde?
Nein – es waren tatsächlich zwei eigene Demos darauf enthalten: Neben dem Megadycpers-Demo war noch ein Vectorball-Demo zu finden – ein technisch verbesserter Nachbau des oben erwähnten „Wooow!“-Demos. Und auch noch ein paar gepixelte Bilder von mir, die ich hier in doppelter Größe abgebildet habe. Veröffentlicht wurde es irgendwann im Herbst 1990, aber noch vor der Amiga ’90. Der Font war von mir. Zwar nicht in 10 Minuten wie im Scrolltext geschrieben, aber viel mehr als ein paar Stunden wird es nicht gedauert haben, er war nicht besonders hübsch. Und ich finde ihn auch bislang nicht in meiner Bibliothek – wahrscheinlich nach Release gelöscht…
Update August 2020: Nachdem ich das „Projekttagebuch Amiga ’90“ auf einer alten Diskette gefunden habe, kann ich anhand der dort geschriebenen Information ziemlich sicher sagen, dass diese Diskette unsere „Visitenkarte“ war, die wir auf der Amiga ’90 an andere Gruppen verteilt haben.
Das Video.
Hier ist das Demo – zumindest die ersten Minuten.
Der Scrolltext.
a long time ago mega-dycpers were difficult to create… many groups tried to beat „em up,but most of them failed as they did in many cases before …… reality is the crew,megadycp the topic and difficulties not available. press right mousebutton to stop scroller… the number in the lower right corner shows the percentage of the used cpu-time… this short intro was written for the amiga“90 in koeln such as the vectorball-demo,which i“ve started to write yesterday. i hope,it will be ready just in time. watch out for * scrollers * ,the world-record-demo with 44 rastersplits with a height of 229 lines – it“s a natch . warning: don“t believe this demo to be lame – some routines are one of the fastest ever written ( megadycp,starscroller,scroller ). try and find it out yourself : especially the megadycp sucks a lot of time. another day,another demo,but the same scroller > the credits : all shit-koting by cosmos ( that“s me ) , charset by molloch ( painted in 10 ( !!! ) minutes ) , nice fx by spreapoint ( sorry,guys . our musician dom has too much to do with the sounds of our mega-demo ( coming up in 1 year ?!?! ) and i looove this tune ). greetings ??? sorry,freaks ! not in this scroller … look out for the reality-vectorball-demo to get the latest ( not lamest ) greeting- and member-list !!! thanx to proton for his complex-vector-intro and to budbrain-productions for their mega-demo . they inspired me to program an own megadycper – so thanx,guys. concerning the complex-vector-intro : it“s one of the most beautiful and best written intros ever created. guys,freaks,friends and lovers,it“s time for our contact-address : for source-codes,contacts or just for swapping write to this armageddon-place : plk 110828c – 6797 waldmohr – germany ( what else ?? ) . enough of that. by the way: i say again „sorry“ to all the contacts we seemed to have forgotten all the time,but i sold my a500 and bought an a2000 and it took a lot of time to install all my utilities on the harddisk … by the way : coming out next year – skullraider 2 – der zweite teil der tragoedie – diesmal mit 200.000 bytes scrolltext und verbessertem comfort – buuuaaaargh . enough shit talked. let me come to an end : my name is cosmos of reality, this was programmed in 1 day and i“m sure,we gonna see us ……
Wollt ihr mehr lernen?
Wer anfangen möchte, auf dem Amiga zu programmieren, sollte mal hier reinschauen. Und bei Codetapper gibt es auch interessante Beiträge.
Wie sah dieser Code aus?
Ein Blick in die Vergangenheit: So sahen die ersten Zeilen des Quelltextes aus, in reinem 68000er Assembler:
* MEGADycper by Cosmos of Reality * High and mighty alone we are kings * When I say MEGA-Dycper,I mean MEGA.... SECTION shit,CODE_C move.w #99,timer move.l 4,a6 jsr -132(a6) move.l 4,a6 move.l #312*44,d0 move.l #$10002,d1 jsr -198(a6) move.l d0,Playfield1 move.l #312*44,d0 move.l #$10002,d1 jsr -198(a6) move.l d0,Playfield2 move.l #16*50,d0 move.l #$10002,d1 jsr -198(a6) move.l d0,scrollbuffer move.l #10000,d0 move.l #$10002,d1 jsr -198(a6) move.l d0,Cladr move.l #4000,d0 move.l #$10002,d1 jsr -198(a6) move.l d0,Spradr bsr fillspr bsr makecl move.w $dff01c,d0 bset #15,d0 bset #14,d0 move.w d0,oldint move.w #$7fff,$dff09c move.w #$7fff,$dff09a bsr start_muzak move.w #$c020,$dff09a move.w #$07ff,$dff096 move.l Cladr,$dff080 clr.w $dff088 move.w #$83a0,$dff096 bsr setfletters lea Sinus3,a0 move.w #1023,d0