Meine CeBIT-Erlebnisse in den 1990ern.

Nun ist es soweit, die CeBIT ist Geschichte. Ich war Mitte der 1990er Jahre dreimal dort: Einmal privat, einmal als Aussteller, und einmal beruflich. Wie war das damals, was habe ich erlebt?

Meine erste CeBIT 1994 oder 1995.

Das genaue Jahr weiß ich nicht mehr, aber es ging zusammen mit Rudi nach Hannover. Seine Alfetta brachte uns Richtung Norden – ohne Wischwasser, aber dafür mit dem Bedarf nach regelmäßigem Zwischengas. Damals hatte die CeBIT noch über 700.000 Besucher. Man kann sich vorstellen, wie voll das Gelände im Vergleich zu den 120.000 Besuchern des letzten Messejahres war. Alles war so groß und aufregend im Vergleich zu den Amiga-Messen, die bis dahin die einzigen Computer oder IT-Messen waren, die ich kannte. Egal welches Jahr es nun war – wir reden von der Ära vor Windows 95! An Details kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern, aber es war noch die Zeit der Hamster-Besucher. Wahrscheinlich bin ich mit einer Tüte voller Flyer, Mousepads und Kugelschreibern nach Hause gefahren. A propos: Das Auto war auch unser Hotelzimmer – niemals zuvor und niemals danach habe ich eine Nacht in einem Auto geschlafen…

1996: Als Aussteller!

CeBIT 1996 Eintrittskarte Aussteller

Wie aufregend war es dann nur kurze Zeit später: Als studentische Hilfskraft der Firma Media Nova (die heutige Firma hat nichts mit der damaligen Firma zu tun) war ich nun offiziell auch Aussteller! In Halle 004, Stand G12 waren wir vertreten, als Unterstand der Universität des Saarlandes. Das Internet stand kurz vor dem Durchbruch, und man konnte schon jetzt sehen, dass Windows 95 gegen OS/2 kein Problem haben würde. Auch Mobiltelefone und Multimedia waren heiße Trends, wie man im Bericht der Tagesschau sehen kann. (Man beachte, dass damals noch Zigaretten zum Größenvergleich verwendet wurden, und auch ein Aschenbecher im Bild war damals noch kein Problem.)

Perspektivenwechsel: Nun war ich Aussteller und musste verkaufen! Media Nova wurde ein knappes halbes Jahr zuvor gegründet. Als Multimedia-Agentur spezialisierten wir uns damals auf interaktive Firmenpräsentationen auf CD-ROM (vorrangig mit dem hervorragenden Asymetrix Toolbook, aber auch schon damals mit Macromedia Director). Damals war CD-ROM durchaus noch etwas Besonderes. CD-Brenner kosteten weit über 1.000 DM, und der Preis von Rohlingen sank gerade unter 50 DM. (Die Preise sollten dann schnell fallen.) Unsere Produkte wurden also noch tatsächlich in einem CD Presswerk gemastert und vervielfältigt.

CeBIT 1996 Eintrittskarte Aussteller

Was man sehr schnell gezwungenermaßen gelernt hat: Wenn ein Standbesucher keinen Anzug trug – ignorieren oder weiterschicken. Es war unglaublich, wie viele Besucher wirklich nur auf irgendwelche kostenlosen Nichtigkeiten aus waren. Und wenn man keine hatte, waren sie auch schnell wieder weg. Dazu gehörten auch viele Schüler, die wohl einen inoffiziellen Wettbewerb austrugen, wer die meisten und vollsten Tüten mit Werbegeschenken abstaubte. Aus Sicht der Aussteller war das wirklich schlimm.

Mein skurrilstes und in dem Moment aber auch ärgerlichstes Erlebnis war ein Gespräch mit einem Mann mittleren Alters. Anfangs war ich noch der festen Überzeugung, es mit einem möglichen Kunden zu tun zu haben: Alter passte, Kleidung passte, und er zeigte echtes Interesse an unseren Produkten. Und so verbrachte ich eine gute halbe Stunde mit ihm in der durchaus berechtigten Hoffnung, dass hier vielleicht ein Auftrag herausspringen könnte. Und auf einmal sagt der Kerl:

„Ich beschäftige mich privat mit Spracheingabe und ich habe diese Steckkarte gebaut, die 256 Wörter erkennt. Wäre das nicht auch etwas für Sie?“

Also wollte er uns etwas verkaufen… Prinzipiell in Ordnung, dafür ist die CeBIT ja da, aber  er hätte mich nicht so lange auf die falsche Fährte führen müssen. So nahm ich sein handgedrucktes Prospekt entgegen und hakte die vergeudete Zeit ab.

Wir stellten dann nie mehr auf der CeBIT aus, denn es brachte (soweit ich es beurteilen kann) gar nichts. Doch, halt: Ich glaube, auf der CeBIT 1996 lernten wir die Agentur kennen, über die wir die nächsten Jahre günstig CDs vervielfältigten.

1997:  Mein Produkt auf der CeBIT.

Vorlage Gesprächsprotokoll CeBit 1996

Und ein Jahr später wurde eines unserer Produkte, an dem ich maßgeblichen Anteil hatte, von der Firma infor als verkaufsunterstützende Maßnahme in Kundengesprächen genutzt und gleichzeitig auf zig Bildschirmen an deren (großen) Stand als Werbung laufen gelassen. Die CD-ROM war also integraler Bestandteil des Messeauftritts. Die Entstehungsgeschichte dieser CD-ROM mitsamt ihrer Hindernisse, Crunch-Nights (ja die gab es auch schon im letzten Jahrtausend!) und konspirativer Treffen auf Autobahn-Parkplätzen, um den Master auszutauschen, ist einen eigenen Artikel wert, den ich irgendwann einmal schreiben werde.

Jedenfalls war ich mit meinem Chef unterwegs zum Stand der Firma infor, um unser Produkt in Aktion zu sehen. Wir wussten weder, ob es die CD noch rechtzeitig vom Presswerk zur Messe geschafft hatte – immerhin in einer 5.000er Auflage -, noch, ob sie wirklich fehlerfrei lief. Also wurden wir von Halle zu Halle immer aufgeregter, je näher wir kamen. Und schließlich standen wir am Messestand, und: Überall war unsere App zu sehen. Auf großen Screens, an den Verkaufsständen – überall! Wir standen also so da, mit zumindest innerlich weit geöffneten Mündern, bis wir von einem Standmitarbeiter angesprochen wurden, ob er uns helfen kann. Mein Chef, sonst eigentlich nie um einen Spruch verlegen, konnte nur sagen: „Das ist von uns…“ Woraufhin wir mit einem großen „Hallo!“ empfangen wurden, denn anscheinend schlug die CD richtig gut ein und sie wurde in Mengen an potenzielle Kunden ausgegeben. Es ist schwer zu beschreiben, wie ich mich in diesen Minuten fühlte…

Aber danach war ich nie mehr auf der CeBIT. Die Menschenmengen, das Verkehrschaos, die Preise – man hat es oft genug gelesen. Und mich hat die Messe, ehrlich gesagt, aus der Sicht eines Besuchers nie so richtig fasziniert.

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