Ruhe und Trubel im Fushimi-Inari Schrein.
Im Fushimi-Inari Schrein sieht man die negativen Folgen von TripAdvisor & Co, aber dennoch kann ein Besuch in diesem Schrein mit seinen unzähligen Torii ein ganz besonderes Erlebnis sein.
Anreise zum Schrein.
Der Fushimi-Inari Schrein ist auch für Touristen, die nur wenig Zeit haben, ein perfektes Ziel: Gerade mal zwei Stationen vom Bahnhof Kyoto entfernt, beginnt sein Areal bereits direkt auf der anderen Straßenseite, wenn man den Bahnhof Inari verlässt.
Außerdem ist er einer der Schreine und Tempel, deren Besuch kostenlos ist. Normalerweise ist zumindest für einige besondere Bereiche wie zum Beispiel Gärten ein Eintrittsgeld zu zahlen.
Gleichzeitig ist der Fushimi-Inari Schrein für seine von unzähligen Torii umgebenen Wegen weltberühmt. Und so verwundert es nicht, dass er in den diversen „Insider“-Webportalen immer populärer wird. Mit der hier zu sehenden Werbefahne wird auch stolz geworben.
Touristen-Invasion!
Auch ohne TripAdvisor, Lonely Planet und wie sie alle heißen, ist Japan schon lange kein „Geheimtipp“ mehr. Wie man in der Wikipedia nachlesen kann, sind die Besucherzahlen seit 2012 geradezu explodiert.
Das Tohoku-Erdbeben mit der Atomkatastrophe in Fukushima hat nur eine kleine Delle im Jahr 2011 verursacht. Aber die Steigerung von knapp 8,5 Millionen Touristen im Jahr 2012 auf fast 29 Millionen Touristen nur 5 Jahre später im Jahr 2017 (von denen fast die Hälfte aus China, Taiwan und Hong Kong kamen), führt zu deutlich negativen Konsequenzen aller Art.
Am sichtbarsten sind natürlich die Touristenmassen an besonders berühmten und leicht zu erreichenden Orten. Hier wird man nur noch mit ganz viel Glück ruhige und einsame Momente erleben können.
Was mich aber noch mehr beunruhigt: Ich habe mehrfach bemerkt, dass die eigentlich so höflichen und zuvorkommenden Japaner selbst anscheinend schon von den Touristenmassen genervt sind.
Ich kann es ihnen aber auch nicht verübeln, denn mit der schieren Masse steigt auch die Anzahl derjenigen, die nicht gerade respektvolle Besucher sind. Neben dem Lärm stelle ich daher auch immer mehr fest, dass gerade in Tempelanlagen viele Touristen immer weniger Respekt für den Ort zeigen.
Da wird für das schönste Selfie posiert, da läuft man laut diskutierend an geweihten Orten vorbei und generell merkt man, dass hier das sprichwörtliche Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen stattfindet.
Persönlich habe ich es auch erfahren: Wir standen an einem anderen Tag etwas außerhalb an einer Bushaltestelle und selbst ich war mir nicht ganz sicher, ob das wirklich die richtige Linie war. Also bin ich auf zwei ältere Japanerinnen bzw. Japaner zugegangen, die dort ebenfalls auf einen Bus warteten.
Man konnte richtig fühlen, dass sie innerlich (und äußerlich) einen halben Schritt zurücktraten als der Ausländer auf sie zukam und sich deutlich reservierter verhielten als erwartet. Als ich sie höflich auf japanisch ansprach und sie dieses realisierten, änderten sie ihr Verhalten erneut und wurden wieder zu den freundlichen und hilfsbereiten Menschen wie ich sie auch sonst kenne.
Sie haben dann sogar nochmal selbst auf dem Plan nachgesehen und uns mehrfach die Haltestelle genannt, an der wir aussteigen mussten.
Die berühmten Torii des Fushimi-Inari Schreins.
Direkt am Waldrand beginnt der Weg hinauf zum Berg Inari. Von hier ab säumen die berühmten roten Torii den Weg bzw. die Wege, denn hin und wieder teilt sich der Weg, und weiter oben wird er sogar zu einem Teil ein Rundweg.
Der berühmteste Punkt liegt (wieder einmal sehr günstig für Touristen mit wenig Zeit) nur zwei bis drei Minuten nach dem Beginn, wenn sich der Weg teilt und die Torii so dicht nebeneinander stehen, dass man sich fast fühlt wie in einem Tunnel.
Bei unserem letzten Besuch im Jahr 2010 (als es noch 8 anstelle 29 Millionen Touristen waren) waren die Passagen durch die Tunnel bereits gut gefüllt, aber mit etwas Geduld und Glück konnte man noch schöne Fotos von „leeren“ Wegen erhaschen.
Nun, diese Chance ist mittlerweile endgültig vorbei.
Die Massen an Touristen ist im Fushimi-Inari Schrein so riesig, dass es mittlerweile sogar Einbahnstraßenregelungen durch die Tunnel gibt, mit riesigen Postern, die über den Abzweigungen hängen. Selbst wenn man mal so viel Glück hätte, dass gerade keine Menschen durch die Tore schreiten, hängt daher immer noch das Poster darüber.
Ein Foto wie das weiter unten von der anderen Seite der Abzweigung, das ich selbst 2010 aufgenommen habe, ist also bis auf absehbare Zeit nicht mehr möglich, selbst wenn man früh genug da ist. Die gute Nachricht ist aber: Die meisten Touristen haben einfach wenig Zeit und kehren an dieser Stelle einfach wieder um. Wenn man einfach dem Weg weiter folgt und den Berg hinaufwandert, wird man schon nach wenigen Minuten nur noch einen Bruchteil von Menschen um sich herum haben. Zumal es bald darauf wieder eine Stelle gibt, an der viele die Möglichkeit nutzen, über eine Abzweigung zurückzukehren.
Die Konsequenzen.
Wir werden wahrscheinlich aufgrund der Unmengen an Touristen diesen Schrein nicht mehr besuchen, aber wer ihn noch nie gesehen hat und etwas Zeit mitbringt, um den Weg auf den Gipfel zumindest einen Teil zu wandern, der sollte ihn besuchen.
Die Tore sind mehr als eindrucksvoll. Und jeder, der diesen Bericht hier liest oder ähnliche Erfahrungen vor Ort machen musste, sollte sich wirklich bewusst machen, dass es Online-Plattformen wie TripAdvisor, Lonely Planet aber auch etablierte Größen wie Marco Polo sind, die den Ansturm der Touristen provozieren.
Denn mit jedem Ranking manifestiert und verstärkt sich dieser Trend, dass sich die vermeintlich „echten“ Hotspots auf nur wenige „Must see“ Punkte konzentrieren.
Die gute Nachricht ist aber: Man kann sich die Schwächen dieses Systems zu Nutzen machen! Es kommen zwar mehr Touristen, aber jeder für sich hat nicht mehr Zeit zur Verfügung als früher.
Und für die meisten Besucher bedeutet das: Im Durchschnitt eine Woche Japan, und davon ein bis zwei Tage Kyoto. Da bleibt ganz zwangsläufig nur Zeit für wenige, sehr verkehrsgünstig gelegene Orte wie den Fushimi-Inari Schrein. Idealerweise sogar dazu noch Orte ohne Eintritt (wie der Yasaka-Schrein).
Wenn man also genauso konsequent Orte besucht, die nicht direkt neben einer Bahnstation liegen und etwas Eintritt kosten, lässt man schon viele dieser Touristen hinter sich und bekommt immer noch die Möglichkeit, das wahre Japan zu finden. Und auch bzw. gerade in Kyoto gibt es Dutzende solcher Perlen, zu denen TripAdvisor nicht führt.