Philips DCC – Die Digitale Compact Cassette. Eine teure Totgeburt!
Anfang der 1990er Jahre war ich noch ziemlich wagemutig, wenn es um den Kauf von brandneu eingeführter Technik ging. Einmal ging es aber komplett schief: Als ich mir 1992 für sehr viel Geld ein Philips DCC kaufte.
DCC – Die Digitale Compact Cassette. Hörte sich interessant an…
Anfang der 1990er Jahre: Zu dieser Zeit gab es für normale Menschen keine Möglichkeit, Musik digital aufzunehmen: Die bespielbare CD, so wie wir sie seit mittlerweile über 15 Jahren kennen, war für Privatpersonen noch in weiter Ferne und als sie dann verfügbar war, kostete ein Rohling anfangs über 30 DM – also mehr als eine Original-CD. (Wer noch historische Preislisten für Brenner, Brennsoftware und Rohlinge hat – bitte meldet euch bei mir!!!). MP3 Player kamen erst Anfang der 2000er Jahre in Mode, und Smartphones… Damals hatte man noch nicht mal ein Handy!
Nein, wer seine Musik aufnehmen wollte, der nutzte Audiokassetten. Ganz gut betuchte Personen vielleicht auch DAT, aber wer kannte damals jemanden, der einen DAT-Recorder besaß?
Die Revolution: Philips, der Erfinder der Musik-CD, stellt das Philips DCC vor.
Und dann ließ Philips die Bombe platzen: Ein Medium, das Musik digital speicherte, und das auch wiederbeschreibbar war! DCC, die „Digitale Compact Cassette“, kam 1992 auf den Markt. Äußerlich sah sie der gewohnten Kassette sehr ähnlich. Sie hatte die gleichen Dimensionen, speicherte die Musik ebenfalls auf Band, nur in wesentlich besserer Qualität.
Wer alt genug ist, weiß wovon ich spreche: Die MusiCassette, die bis zu diesem Zeitpunkt das übliche Aufnahmemedium darstellte, war dumpf, verrauscht (trotz bzw. wegen Dolby) und speicherte auf Tonband. Das bedeutete spulen; je nach Player musste das Band sogar umgedreht werden, wenn man die zweite Seite hören wollte. Komfort-Funktionen kannte man nicht: Direktsprung zu einer bestimmten Aufnahme? Ging nicht. Anzeige des Titelnamens? Fehlanzeige.
Die DCC versprach, einiges davon zu ändern und für eine Revolution zu sorgen:
- Digitales Aufnahmeformat ohne Rauschen (zwar komprimiert, aber wie wir von MP3 wissen, kann das gut funktionieren)
- Direktsprung zu bestimmter Liednummer möglich
- Eingabe von Titelnamen (je nach Recorder)
- Abwärtskompatibel: Abspielen der alten Kassetten möglich
OK, sehr interessant! Der Preis war allerdings happig: 1.300 DM, was in heutiger [2016] Kaufkraft ca. 1.000 Euro entspricht. Dafür bekäme ich zur Zeit 5 iPods mit je 160 GB Speicher. Die Speicherkapazität dieser würde es ermöglichen, über ein Jahr (inkl. nachts) ohne Wiederholung Musik zu hören. Damals reichte es gerade für einen überdimensionierten Recorder, der 90 Minuten Bänder bespielen konnte…
Den Ausschlag zum Kauf gab eine Fehlberatung!
Bei diesem Preis wollte ich nicht blind kaufen, also ließ ich mich durch den örtlichen HiFi Experten beraten. Und der – beriet mich falsch! Er behauptete nämlich, dass ein DCC Recorder auch normale Kassetten bespielen könnte. Also würde ein DCC Recorder auch gleich mein altes Audiodeck komplett ersetzen. Das gab den Ausschlag, und ich kaufte einen Philips DCC 900.
Zu Hause stellte ich dann leider fest, dass diese Aussage nicht stimmte. Alte Kassetten konnten abgespielt werden, aber Aufnahmen auf den alten Bändern waren nicht möglich…
DCC Tapes waren nicht billig. Ich kann gerade keine historischen Preise finden, aber wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, kostete ein 90 Minuten Band ca. 15 DM (heutiger Preis: 11 Euro). Das war doppelt so teuer wie bei den normalen Kassetten. Die Klangqualität war dafür super! Rauschfrei, glasklar – toll! Und es gab sogar vorbespielte DCCs zu kaufen. Bei ebay kann man heute noch schön sammeln – wenn man denn möchte…
Wer experimentierfreudig war, der hat damals normale Audiokassetten ein wenig „manipuliert“, indem an den passenden Stellen Löcher gebohrt wurden, und schon konnte man auch auf günstigeren Tapes aufnehmen. Allerdings war das bestenfalls ein Experiment, denn selbst bei den teuersten Tapes konnte es Drop Outs geben.
Schon bald war klar: Eine Totgeburt!
Doch schon wenige Monate später kam ein Konkurrent auf den Markt, welcher der DCC den Todesstoß versetzen würde: Die MiniDisc von Sony! Gespeichert wurde hier auf ein CD-ähnliches Medium mit all den Vorteilen der CD, was auch bedeutete: Direktes Anspringen eines Titels (ohne lästiges Spulen). Dazu war die MiniDisc klein, flach und leicht. Zwar war zur Markteinführung der Klang durch unausgereifte Kompressionsalgorithmen noch schlecht, doch dieses Manko wurde schnell beseitigt. Damit war die DCC erledigt, denn auf einmal fühlte sich ein Bandmedium an wie ein Dinosaurier. Zwar kamen noch einige Modelle auf den Markt, doch keine 5 Jahre nach Markteinführung zog Philips bereits den Stecker und beerdigte DCC im Herbst 1996 still und leise. War auch kein Problem, denn zu diesem Zeitpunkt kannte eh niemand (mehr) die DCC… und ich kaufte mir ein paar Jahre später auch einen MiniDisc Player.
Erfahrungen nach über 25 Jahren.
Mein DCC Recorder scheint die ersten 25 Jahre gut hinter sich gebracht zu haben, denn er funktioniert noch tadellos. Allerdings habe ich ihn seit Ende der 1990er Jahre auch im Grunde nie mehr genutzt: MiniDisc und CD-R haben ihn sehr schnell abgelöst. Ende 2018/ Anfang 2019 habe ich meine DCC-Sammlung überspielt – was ich hier beschrieben habe.
Eine Antwort
[…] kaufte mir damals einen DCC Rekorder, wie ich früher schon hier beschrieben habe. Die DCC bot bereits digitalen, rauschfreien Klang und weitere Komfortfunktionen, wie zum Beispiel […]